Reisekolumne Fototour Fjordnorwegen
Fototour in die Täler Isterdalen, Romsdalen und Venjesdalen bei Andalsnes
Zwischen mächtigen Felswänden und tiefen Tälern entfaltet sich rund um Åndalsnes eine Landschaft voller Kontraste und unbändiger Naturgewalt. Senkrechte Klippen, uralte Gletscherzungen und smaragdgrüne Bergseen formen hier eine Kulisse, die Wanderer und Camper gleichermaßen in ihren Bann zieht.
Wo schroffe Gipfel steil gen Himmel ragen und rauschende Wasserfälle tosende Schluchten durchschneiden, beginnt das Abenteuer. Ob steile Pfade zu spektakulären Aussichten oder stille Plätze fernab der Zivilisation - in den Tälern Isterdalen, Romsdalen und Venjesdalen offenbart sich Norwegen von seiner kraftvollsten Seite, schroff und elementar.
Zwischen steilen Felswänden und stillen Hochtälern windet sich die Straße vom Valldalen und Trollstigen kommend durch das Isterdalen. Dunkle Wände ragen senkrecht auf, als würden sie den Himmel stützen. Wir fahren langsam durchs Tal, lassen den Blick über die Trolltindane (1788 m) schweifen.
Das Isterdalen ist ein klassisches U-Tal, vom Gletscher geformt. Heute ist es berühmt für die Trollstigen - eine der spektakulärsten Straßen Norwegens. Die Felswände am Trolltindane (links im Bild) steigen auf bis zu 1788 Metern Höhe an. Der Blick vom Talausgang zurück in Richtung Trollstigen lässt die gewaltigen Dimensionen des Isterdalen erahnen.
Das Tal Romsdalen hingegen wirkt schmaler und tiefer. Der Fluss Rauma zieht sich wie ein silbriges Band durch das Tal. Links ragt das ikonische Romsdalshorn auf (1550 m), rechts die Trolltindane (1788 m). Auch dieses Tal ist ein Trogtal, geformt von den Eiszeiten, durchzogen von Granit- und Gneisformationen.
Speziell das Romsdalshorn ist über verschiedene Routen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bei Kletterern sehr beliebt. Als absolutes Highlight im Romsdalen präsentiert sich jedoch die 1000 m hohe Trollwand (Trollveggen). Sie ist die mächtigste senkrechte Felswand Europas mit Überhang und zieht Extremkletterer aus aller Welt an.
Etwas abgeschiedener ist das Venjesdalen, auch oft als Vengedalen bezeichnet. Eine schmale Straße zweigt östlich von Åndalsnes bei Isfjorden ab, führt zunächst durch lichte Birkenhaine und dann kurvig bergauf. Die letzten Kilometer sind als Privatstraße ausgewiesen und mautpflichtig (Zahlung per App oder am Automaten an der Schranke, ca. 130 NOK für normale PKWs).
Der offizielle Parkplatz auf etwa 600 Metern Höhe bietet ausreichend Platz, auch für Camper. Oben öffnet sich ein Panorama in alle Richtungen: Links die gezackten Venjetindane mit dem Store Venjetinden (1852 m), in der Mitte das kantige Romsdalshorn (1550 m). Dahinter erhebt sich die Trollveggen, deren Wände selbst vom Litlefjellet aus mächtig erscheinen.
Wer weiter zum Startpunkt der Litlefjellet-Wanderung möchte, kann die schmale Schotterpiste nutzen - offiziell nur mit Berechtigung, inoffiziell bei guten Bedingungen auch vorsichtig mit kleinen Campern befahrbar. Die Piste ist steil, teilweise unbefestigt. Oben gibt es wenige Stellplätze für autarkes Übernachten. Der Pfad beginnt auf etwa 660 Metern, der Grat des Litlefjellet liegt auf rund 790 Metern. Die 130 Höhenmeter verteilen sich auf weniger als einen Kilometer.
Der Aufstieg ist steil, führt über rutschige Platten, loses Geröll und schmale Felspassagen. Drahtseile sichern kurze Abschnitte. Bei Nässe oder Schnee ist Vorsicht geboten. Gute Schuhe, Trittsicherheit und eine solide Grundkondition sind Pflicht. Die Gehzeit liegt zwischen 30 und 45 Minuten. Lohn der Mühe ist ein einzigartiger Ausblick vom Grat des Litlefjellet in das Romsdalen sowie auf die direkt gegenüberliegende Trollwand (Trollveggen).
Letztes Jahr waren wir schon einmal hier. Doch dichter Nebel und Regen machten die Tour zunichte. Diesmal kehrten wir zurück - ohne festen Plan, aber mit Geduld. Das Wetter blieb wechselhaft, typisch für die Region. Wir übernachteten oben am Parkplatz - allein, ohne Strom, ohne Mobilfunknetz, aber mit freiem Blick auf die Gipfel. Die Stille der Nacht, das Knacken im Gestein, der erste Lichtschein über den Bergen: Es war einer dieser Morgen, an denen man nichts vermisst.
In den frühen Morgenstunden zeigte sich immer wieder die Sonne. Noch vor dem Frühstück schnürten wir die Wanderschuhe und brachen zur Wanderung am Litlefjellet und zu einer ausgedehneten Fototour am Venjedalsvatnet auf. Bei Windstille spiegelt sich in dem malerischen Bergsee die beeindruckende Kulisse des Romsdalshorn glasklar im Wasser. Ein Ort, der Fotografen begeistert und Wanderer verweilen lässt.
Nach dem Abstieg fuhren wir zurück nach Åndalsnes. Der Campingplatz am Ortsrand ist einfach, aber liegt schön mit Aussicht - diesmal mit Dusche und Strom. Der Ort selbst ist funktional: Supermarkt, Tankstelle, Touristinfo. Am nächsten Morgen wollten wir hoch hinaus: Der Aussichtsberg Rampestreken stand auf dem Plan. Der Start liegt nahe dem Zentrum. Zunächst durch dichten Birkenwald, dann über die sogenannte Romsdalstrappa - einen von nepalesischen Sherpas gebauten Steig.
Rund 1200 Natursteinstufen ziehen sich den Hang empor. Der Weg ist solide gebaut, aber steil. Immer wieder laden Plattformen zum Verschnaufen ein. Nach etwa 1,5 Stunden erreicht man die Plattform auf 537 Metern Höhe. Eine acht Meter lange Stahlkonstruktion mit Glasboden ragt über die Kante. Wer schwindelfrei ist, tritt auf den Gitterboden. Der Blick reicht weit über Fjord, Stadt und Berglandschaft.
Beide Touren - Litlefjellet und Rampestreken - sind für geübte Wanderer machbar, aber anspruchsvoll. Trittsicherheit, Kondition und gutes Schuhwerk sind Voraussetzung. Bei Regen oder mit kleinen Kindern nicht zu empfehlen. Wer mehr will, wagt die Romsdalseggen-Gratwanderung: rund zehn Kilometer, über 1000 Höhenmeter, ausgesetzte Passagen, Seilsicherungen, keine Markierung bei Nebel. Erfahrung, Schwindelfreiheit und stabiles Wetter sind Pflicht. Auch die Via Ferrata Romsdalsstigen beginnt nahe dem Zentrum. Der Klettersteig führt in gesichertem Gelände hunderte Meter nach oben. Lokale Anbieter vermieten Ausrüstung und führen Gruppen.
Wer es bequemer mag, nimmt die Seilbahn Romsdalsgondel. In wenigen Minuten geht es auf 708 Meter zum Gipfel des Nesaksla. Oben: Panoramarestaurant, gesicherte Wege, Einstieg zur Romsdalstrappa. Manche Orte brauchen kein Abenteuer. Nur einen Moment. Und manchmal beginnt der schönste Tag mit einem Aufstieg vor dem Frühstück.
Die Mischung aus einsamen Tälern, steilen Anstiegen und stillen Nächten im Camper macht die Region rund um Åndalsnes für uns zu einem der eindrucksvollsten Reiseziele Norwegens. Jeder Schritt, jede Aussicht, jede Rast erzählt von der Wucht dieser Landschaft.