Reisekolumne Roadtrip Norddalmatien
Roadtrip auf der Insel Pag am Velebitgebirge in Norddalmatien
Wir fuhren durch Zadar, ohne Halt. Die Stadt kannten wir bereits - Abende am Forum, das geheimnisvolle Rauschen der Meeresorgel, der Duft von Pinien in der Nacht. Heute durchquerten wir sie nur, die Fenster offen, den Geruch von Meer und Stein in der Nase. Vor uns lag eine andere Route, weiter nach Norden.
Bald erreichten wir Nin, eine kleine, geschichtsträchtige Stadt auf einer Insel. Über eine der beiden Brücken gelangten wir direkt in ihren Kern. Schon nach wenigen Schritten standen wir zwischen alten Mauern, hörten unsere Schritte auf dem Pflaster hallen.
Trotz ihrer geringen Größe hat die Stadt Nin große Bedeutung: Hier regierten im Mittelalter die ersten kroatischen Könige. Die Kirche des Heiligen Kreuzes, kaum zehn Meter lang, wird stolz als "kleinste Kathedrale der Welt" bezeichnet. Gleich daneben erinnert die Statue des Bischofs Grgur Ninski an jene Zeit, in der die altslawische Sprache Einzug in die Liturgie hielt - ein Symbol für nationale Identität.
Wir gingen weiter durch die Gassen, vorbei an niedrigen Steinhäusern, über deren Mauern der Wind den Duft von Kräutern trägt. Am Rand der Stadt glitzerten die Salzfelder. Seit Jahrhunderten wird hier das weiße Gold gewonnen, und es scheint, als sei Nin untrennbar mit Salz, Meer und Erde verbunden.
Hinter Nin erhebt sich das Velebitgebirge, ein gewaltiger Rücken aus Kalkstein. Seine Gipfel sind kahl und schroff, im Sommer von der Sonne gebleicht, im Winter von Schnee überzogen. Von dort stürzt die Bora herab, jener kalte Fallwind, der die Insel Pag prägt. Wir spürten ihn auf der Haut, hörten sein Pfeifen in den Autotüren, riechten das Salz, das er mit sich trug. Es ist, als ob Wind und Gebirge die Insel selbst geformt hätten.
Dann lag sie vor uns: die Brücke "Paski Most". Ein weißer Bogen über türkisfarbenem Wasser, 340 Meter lang, wie ein Tor zu einer anderen Welt. Wir fuhren hinüber, der Wind zerrte an den Türen. Gleich dahinter hielten wir am Aussichtspunkt. Unter uns spannte sich die Brücke, dahinter das mächtige Velebit, davor das Meer in allen Blautönen. Ein Moment, in dem man begreift, wie eng Berge, Meer und Insel miteinander verflochten sind.
Die Insel Pag wirkt zunächst wie eine Mondlandschaft: Steine, Trockenmauern, karge Hänge. Doch zwischen den grauen Flächen blüht Leben. Schafe ziehen durch Sträucher von Thymian und Salbei, die würzig im Wind duften. In Lun wachsen uralte Olivenbäume, manche über 1500 Jahre alt. An der Küste wechseln sich stille Buchten mit lebhaften Stränden ab - Pag zeigt sich schroff und zugleich überraschend vielfältig.
In der Stadt Pag trifft diese Wildheit auf Ordnung. Juraj Dalmatinac, einer der großen Baumeister Dalmatiens, entwarf sie im 15. Jahrhundert als Schachbrettstadt. Ein stiller Platz im Zentrum, die Kirche Mariä Himmelfahrt aus hellem Stein, Gassen, die schnurgerade verlaufen. Salz und Käse bestimmen das Leben der Stadt. In den Tavernen duftet es nach Lamm mit Rosmarin und nach dem kräftigen Paski sir, in dem man Wind, Kräuter und Meer schmeckt.
Wir fuhren weiter hinauf zum Aussichtspunkt oberhalb von Pag. Von hier lag die Stadt wie ein Schachbrett unter uns, die Bucht still und geschützt. Am Horizont glühte das Velebit im Abendlicht, während das Meer tiefblau glänzte. Weiter nördlich öffnen sich von der Küstenstraße aus immer neue Panoramen - grauer Stein, zerklüftete Buchten, dahinter das endlose Blau.
Wir standen dort, schauten hinüber zum Gebirge, spürten den Wind und wussten, dass gerade diese Rauheit den Zauber der Insel ausmacht. Pag ist nichts für Oberflächlichkeit - sie fordert Zeit, Aufmerksamkeit, Offenheit. Doch wer sich darauf einlässt, der nimmt Bilder, Gerüche und Geschmäcker mit, die bleiben.



